Wenn die Schwalbe im Frühling zurückkommt

Über das Evangelium der Natur und ein vergessenes Christentum

Es ist leicht, an diesen Tagen über die Auferstehung zu predigen. Denn Ostern feiert man ja jedes Jahr nach dem ersten Frühlingsvollmond und zu dieser Zeit wacht die Natur gerade aus ihrem Winterschlaf auf. Die Welt um uns herum wird dann zu einem grossen bunten Bilderbuch, in dem die Natur ein Gleichnis über die Rückkehr des Lebens erzählt. Jede Blume und jeder Vogel verkünden nun das Osterevangelium. Der Prediger muss darauf nur aufmerksam machen. Denn das Kirchenjahr gleicht sich hier dem Rhythmus der Natur an, wie etwa auch zu Weihnachten, wo die Geburt Christi und mit ihr das aufgehende Licht an dem alten Tag der Wintersonnenwende gefeiert wird.

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Christus in natura (SBR 11)

Buch

Zbyněk Kindschi Garský & Rainer Hirsch-Luipold (Hgg.), Christus in natura. Quellen, Hermeneutik und Rezeption des Physiologus, Studies of the Bible and Its Reception (SBR) 11, Berlin/Boston: De Gruyter 2019, https://doi.org/10.1515/9783110494143 (Open Access).

Abstract: Was hat der Pelikan mit Christus zu tun oder das Einhorn mit der Jungfrau Maria? Der Physiologus, eine ursprünglich in griechischer Sprache in Ägypten abgefasste frühchristliche Schrift, bietet unter Aufnahme biblischer wie paganer Motivik und Naturlehre eine christliche Gesamtdeutung der Natur. Über mittelalterliche Bestiarien findet die Symbolik des PhysiologusEingang in Kunst, Literatur und Heraldik. Die Bedeutung einer solchen christologisch grundgelegten Bildsprache bleibt indes heutzutage vielfach rätselhaft. Im vorliegenden Band wird die Schrift mit ihren Quellen, ihren onto-theologischen Grundlagen und ihren Deutungsmethoden sowie ihrer Rezeption breit interdisziplinär ausgeleuchtet (antike Naturkunde, altorientalische und biblische Bildwelt, Septuaginta, Kirchenväterliteratur, Rezeption in Kunst und Musik, Handschriftenkunde), um so zu einem historischen Verständnis christlicher Tiersymbolik beizutragen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der berühmten illuminierten Berner Physiologus-Handschrift, die vollständig abgedruckt wird.

English

Zbyněk Kindschi Garský & Rainer Hirsch-Luipold (Eds.), Christus in natura. Hermeneutics and Reception of the Physiologus, Studies of the Bible and Its Reception (SBR) 11, Berlin/Boston: De Gruyter 2019, https://doi.org/10.1515/9783110494143 (Open Access).

Abstract: This volume offers detailed studies into the Physiologus, a Greek manuscript probably written in Egypt in the 2nd century CE. The Physiologuswas the first Christian text to sum up a general understanding of nature using biblical and pagan sources and it has an extensive reception history throughout the medieval period. Its symbolic use of animals and plants, etc., has deeply influenced visual arts, literature, and heraldry, but this visual language often remains enigmatic. This book, going back to a project of the Swiss National Foundation (Das ‹Evangelium der Natur›. Der griechische Physiologus und die Wurzeln der frühchristlichen Naturdeutung)offers new insights into the origins and the interpretation of this symbolic language.


Projektwebseite:  www.intertextuality.net/physiologus/


 

Husa, jednorožec a pelikán: Zjevení Krista ve stvoření v kontextu husitské teologie

Goose, Unicorn and Pelican: The Revelation of Christ in the Creation in the Context of Hussite Theology

Abstract

«The heavens are telling the glory of God and the firmament proclaims his handiwork» says the psalmist (Ps 19:1) and «since the creation of the world his eternal power and divine nature, invisible though they are, have been understood and seen through the things he has made» writes the apostle Paul (Rom 1:20). God reveals itself not only in the ‹Book of Books›, but also in the ‹Book of Creation› (nature) and so called ‹theologia naturalis› is a part of Hussite theology. However, not everybody knows that the literary source of Christian natural theology is not just the Scripture but also an almost forgotten Early Christian writing called ‹Physiologus›. The author of this small ancient work, written in Greek, probably about 200 CE in Egypt in Alexandria, is a first Christian who discovers the mystery of the revelation of Christ in the nature. This work containing allegorical interpretations of animals, plants and stones was translated into almost all cultural languages and in Middle Ages spread in the form of so called ‹bestiaries› all over Europe and it became the most translated book of ancient literature besides the bible. Its theological fundament is the belief that Christ is a hermeneutical key not only to the understanding of the Scripture, but also of the nature and of the whole world which was created through him (John 1:3).

Anotace

«Nebesa vypravují o Boží slávě, obloha hovoří o díle jeho rukou», praví žalmista (Ž 19,2), a «jeho věčnou moc a božství, které jsou neviditelné, lze totiž od stvoření světa vidět, když lidé přemýšlejí o jeho díle», píše apoštol Pavel (Ř 1,20a). Bůh se zjevuje nejen v ‹Knize knih› (bibli), ale i v ‹Knize stvoření› (přírodě), a tzv. theologia naturalis je součástí husitské teologie. Málokdo však ví, že literárním pramenem křesťanské přirozené teologie není pouze Písmo, ale že to byl teology dnes již téměř zapomenutý raně křesťanský spis zvaný Physiologus. Autor tohoto nenápadného antického díla napsaného v řečtině, pravděpodobně kolem roku 200 n.l. v egyptské Alexandrii, je prvním křesťanem odhalujícím tajemství Kristova zjevení v přírodě. Tento spis obsahující alegorické výklady zvířat, rostlin a kamenů byl však brzy přeložen téměř do všech západních kulturních jazyků a ve středověku se ve formě tzv. ‹bestiářů› rozšířil po celé Evropě a stal se nejpřekládanější knihou antické literatury vedle bible. Jeho teologickým fundamentem je přesvědčení, že Kristus je hermeneutickým klíčem nejen k porozumění Písma, ale i přírody a celého světa, jenž byl skrze něho stvořen (J 1,3).

 

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Das ‹Evangelium der Natur›

Der Physiologus als Quelle der abendländischen Symbolik und Theologie

KURZFASSUNG

Mittelalterliche Städte sind auch in der Schweiz voll von verschiedenen Tieren aus Farben, Stein und Glas, die sich in Kirchen und Häusern und an deren Fassaden verstecken. Während es sich bei einigen Tier- und Pflanzenmotiven nur um Verzierungen handelt, bringen andere eine alte religiöse Symbolik mit sich. Diese ist für den heutigen Menschen oft rätselhaft. Zum Teil lässt sie sich mit Hilfe der Bibel entschlüsseln, wie bei dem Lamm, das im Neuen Testament Jesus bezeichnet, oder bei der Taube, die den heiligen Geist symbolisiert (vgl. Johannesevangelium 1,29.32). Dies ist allerdings nicht immer der Fall. Denn was hat das Einhorn mit der Jungfrau Maria oder der Pelikan mit Christus zu tun? Die Suche nach der Antwort führt in diesem Fall durch das ganze christliche Mittelalter bis ins antike Ägypten, zu einer kleinen frühchristlichen Schrift mit dem Namen Physiologus (der Naturkundige). Dieses kleine Buch, das wohl um das Jahr 200 n.Chr. im ägyptischen Alexandrien verfasst wurde, enthält allegorische Deutungen von Tieren, Pflanzen und Steinen, wobei es nicht nur biblische, sondern auch pagane Motive aufgreift. Der so entstandene Physiologus ist die Urquelle der christlichen theologia naturalis (natürlichen Theologie), denn mit ihm beginnend wird die ganze Schöpfung als ein Buch betrachtet, das Christus verkündigt, als ein Evangelium der Natur. Im Mittelalter wurde der Physiologus dann in Form der gut bekannten Bestiarien im ganz Europa verbreitet und hat nachhaltig die Heraldik, Kunst und Literatur geprägt.

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